Deutschland & Iran
Wir pflegen und gestalten die langen und besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran.
Zwischen romantischen Orientbildern und Machtpolitik
Deutschland und Iran verbinden lange und wechselhafte Beziehungen. Nach einigen gegenseitigen Forschungsreisen und Austausch von Ideen und Waren über Handelswege, siedelten sich Mitte des 19. Jahrhunderts iranischen Teppichhändler in Hamburg an. Die zunehmende Erforschung des „Orients“ sorgte für die Entdeckung der Sprachverwandtschaft zwischen dem Deutschen und dem Persischen als indoeuropäische Sprachen, und in Deutschland entstanden um die Jahrhundertwende wichtige Grundlagenwerke über persische Literatur und Sprache.
Zunehmend bestimmte die Expansion des Kolonialismus in der Welt das Interesse an Iran, das 1907 auf Grundlage europäischer Verfassungen das erste Grundgesetz einführte, und so die Macht des iranischen Königtums einschränkte. Unmittelbar danach führte der erste nutzbare Ölfund der Region 1908 in Südiran zur Gründung der britischen Anglo-Iranian Oil Company (später BP), die 1931 zum vollständigen Anteilseigner einer der wichtigsten deutschen Öl- und Benzinunternehmen wurde, der „OLEX Deutsche Benzin- und Petroleum-Gesellschaft mbH“. Das Öl und die Politik des über Öl finanzierten Nationalstaats Iran bleibt seitdem stets Gegenstand internationaler Interessen.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland förderten diese den Mythos der arischen Rassenkultur, was in Iran, wörtlich dem „Land der Arier“, auf Resonanz trifft (s. „Was zeichnet Iran aus?“). Der NS-Staat verfolgt auch in Iran seine machtpolitischen Ziele und realisiert dafür mehrere Unternehmungen von strategischer Bedeutung für Iran, wie den Ausbau von Bahnschienen sowie Projekte im Bildungswesen.
Die Bundesrepublik Deutschland und Iran
Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpft die Bundesrepublik Deutschland an die unter dem NS-Staat intensivierten Beziehungen an und wird in Wirtschaft, Bildung und Kultur zu einem der wichtigsten Partner Irans in der Welt. Iranische Übersetzer übertragen zunehmend deutsche Philosophie ins Persische, was Irans Politik nachhaltig prägt.
Während der Pahlavi Herrschaft von 1925 bis 1979 steigt der Austausch von Waren und Ideen. Deutschland und Iran legen einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit in der Industrie und dem Ingenieurswesen sowie zwischen Universitäten, über die sich auch die Kulturschaffenden und Intellektuellen zunehmend austauschen. Zeitgleich begründen in Hamburg iranische Theologen, mit Unterstützung iranischer Geschäftsleute aus Hamburg, die bis heute wichtigste iranische Moschee außerhalb Irans, und die deutsche Außenhandelskammer in Teheran wächst zu einer der größten weltweit.
In den 70er Jahren studieren mittlerweile viele iranische AkademikerInnen in Deutschland und das deutsche Goethe-Institut in Teheran entwickelt sich zum Hort revolutionärer Diskussionen gegen die Pahlavi-Herrschaft, die 1979 durch die Islamische Revolution zu Fall gebracht wird.
Die Islamische Republik Iran und Deutschland
Während des Iran-Irak Kriegs von 1980-1988 prägen gegen iranische Soldaten und Zivilisten eingesetzte Chemiewaffen aus deutscher Produktion sowie die medizinische Behandlung iranischer Kriegsversehrter in Deutschland die deutsch-iranischen Beziehungen.
Nach dem Krieg eröffnen sich neue Chancen des Austauschs und Deutschland etabliert sich durch eine vermittelnde Außenpolitik als europäische Brücke nach Iran und intensiviert erneut die Beziehungen. Im Jahr 2000 entstehen zwischen Freiburg und Isfahan und 2009 zwischen Shiraz und Weimar Städtepartnerschaften. Während der kulturell-akademische Austausch erneut zunimmt, kommt Deutschland eine besondere Rolle bei den Verhandlungen zum Atomabkommen von 2016 zu.
Unter der Präsidentschaft von Trump führt die USA 2018 erneut US-Atomsanktionen gegen Iran ein, wodurch Deutschland abermals die Mittlerrolle zwischen Iran und der Welt zufällt. Deutschland spielt dabei eine tragende Rolle bei der Etablierung der europäischen Clearingstelle INSTEX, die den Handel zwischen Europa und Iran aufrechterhalten soll. Deutschland und die Islamische Republik Iran reduzieren ihre Beziehungen im Zuge des de facto Zusammenbruchs des Atomabkommens und der Unterdrückung von Demonstrationen von Frauenrechten in Iran.
Heute leben über 120.000 Menschen mit iranischem Hintergrund in Deutschland und über 250 Menschen mit deutschem Hintergrund in Iran.